C2C Beschaffung

Leistungsbeschreibung

  • Rechtliche Rahmenbedingungen
  • Zulassung von Nebenangeboten
  • Praxisbeispiel: C2C-Zertifizierung als Mindestanforderung am Beispiel von Bürostühlen
  • Praxisbeispiel: Einzelne C2C-inspirierte Mindestkriterien am Beispiel von Druckerzeugnissen

§ LEISTUNGSBESCHREIBUNG §

In der Leistungsbeschreibung werden die gewünschten Produkte oder Lösungsmöglichkeiten spezifiziert, die die öffentliche Auftraggeberin zur Deckung ihres Bedarfs benötigt. Sie enthält also Art und Umfang der zu beschaffenden Leistung. Die Leistungen sind dabei so präzise und erschöpfend zu beschreiben, dass alle bietenden Unternehmen sie im gleichen Maße verstehen und die abgegebenen Angebote miteinander vergleichbar sind. Dabei muss der Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung gewahrt werden. Er verbietet eine Nennung oder Umschreibung bestimmter Markennamen sowie die Beschreibung von spezifischen Eigenschaften und Produktionsmethoden, die lediglich von einem einzigen Bietenden erfüllt werden können.

Gemäß § 31 Abs. 3 VgV und § 23 Abs. 2 UVgO dürfen sozial-ökologische Kriterien (also auch C2C-Kriterien) als Mindestkriterien in der Leistungsbeschreibung gefordert werden, sofern diese mit dem Leistungsgegenstand in Verbindung stehen. Die Anforderungen können sich dabei auf Leistungs- oder Funktionsanforderungen, technische Spezifikationen oder einer Kombination aus beidem beziehen. Dabei dürfen in der Leistungsbeschreibung gemäß § 31 Abs. 3 VgV auch Anforderungen an die Produktionsmethoden entlang des Lebenszyklus gestellt werden, wenn sie dazu beitragen die Leistung zu charakterisieren.

Auch die Zulassung von Nebenangeboten nach § 35 VgV kann in Bezug auf sozial-ökologische Beschaffung ein wertvolles Instrument sein. Denn dadurch besteht die Möglichkeit, innovative, sozial-ökologische Alternativen, die die Beschaffungsstelle möglicherweise noch nicht kennt, von Unternehmen mit anbieten zu lassen.

Die Festlegung sozial-ökologischer Anforderungen in der Leistungsbeschreibung bietet den Vorteil, dass bietende Unternehmen diese mit der Angebotsabgabe zwingend erfüllen müssen, da ihr Angebot ansonsten ausgeschlossen wird. Die Herausforderung an dieser Stelle ist zu gewährleisten, dass trotz möglichst strenger Nachhaltigskeitskriterien noch ausreichend Angebote eingehen. Die Beschaffenden sollten sich vorher also vergewissern, dass es ausreichend viele Angebote auf dem Markt gibt, die die Mindestanforderungen erfüllen können.

Sofern es in der zu beschaffenden Produktgruppe ausreichend C2C-zertifizierte Produkte auf dem Markt gibt, kann eine Zertifizierung als Mindestanforderung bzw. Qualitätsanforderung  in der Leistungsbeschreibung festgelegt werden, wie das folgende Ausschreibungsbeispiel des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zeigt.

PRAXISBEISPIEL

Ausschreibung Rahmenvertrag Cradle to Cradle-zertifizierte Bürostühle und Bürodrehstühle (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

“Gegenstand des Rahmenvertrages sind der Kauf und die Lieferung von – Cradle to Cradle Bürodrehstühlen und Cradle to Cradle Bürostühlen mit folgender Spezifikation:

Los 1: Bürodrehstühle:

  • Armlehnen mindestens höhenverstellbar
  • Sitz gepolstert inkl. Sitzhöhen-, Sitzneigung- und Sitztiefenverstellung
  • Synchron-Bewegungsmechanismus
  • Rückenlehne gepolstert oder Netz mit einstellbarer Lendenwirbelstütze
  • Rollen für Teppichboden
  • Farbe schwarz oder anthrazit


Los 2: Bürostühle (Besucherstühle) mit Armlehnen

  • Sitzfläche gepolstert
  • Rückenlehne Netz
  • Farbe schwarz oder anthrazit
  • Stapelbar (mind. 4 Stück)
  • Gleiter für Teppichboden.


Die Produkte müssen mindestens dem Nachhaltigkeits-Produktstandard „Cradle-to-Cradle CertifiedTM“ (oder gleichwertig) auf dem Niveau „Bronze“ entsprechen
.”

Sofern es nur wenige oder keine C2C-zertifizierten Produkte auf dem Markt gibt, ist für eine möglichst C2C-nahe Ausschreibung die Forderung von einzelnen, hinter dem Konzept oder der Zertifizierung stehenden Unterkriterien (inklusive Nachweise) sinnvoll. 

Ein Praxisbeispiel der Stadt Ludwigsburg zeigt, wie C2C-Unterkriterien wie Materialgesundheit und Kreislauffähigkeit in einer Leistungsbeschreibung für Druckprodukte formuliert wurden. Weitere Formulierungsbeispiele für C2C-inspirierte Mindestkriterien sind hier zu finden.

PRAXISBEISPIEL

Leistungsbeschreibung aus der Vergabe eines Rahmenvertrags über den Druck, die Lieferung und Verteilung des Semesterprogramms der Volkshochschule 

(Stadt Ludwigsburg)

“Nachfolgende Mindestanforderung müssen vom Auftragnehmer zwingend erfüllt werden. Eine Nichterfüllung führt zum Ausschluss des Angebots.

  1. Mit dem Angebot ist einzureichen:

a) Nachweis, dass Klebstoffe, Farben, Druckhilfsmittel usw. unbedenklich gegenüber Umwelt und Gesundheit sind und keine giftigen Schwermetalle wie Blei, Arsen, Cadmium, Selen, Antimon, Quecksilber und Chrom enthalten. Nachgewiesen werden kann die Unbedenklichkeit durch das Zertifikat des Umweltzeichens Blauer Engel für Druckerzeugnisse (DE-UZ 195), das Zertifikat des Umweltzeichen EU-Ecolabel für Druckerzeugnisse oder ein gleichwertiges Zertifikat. Als gleichwertig werden außerdem unabhängige Prüfgutachten sowie Herstellergutachten angesehen.

b) Für die Innenseiten des ausgeschriebenen Druckerzeugnisses soll Papier aus 100 Prozent Recyclingpapier verwendet werden. Das Papier muss dabei die Kriterien des Umweltzeichens Blauer Engel (RAL-UZ 14) oder gleichwertig erfüllen. Die Gleichwertigkeit ist im Einzelnen durch unabhängige Prüfgutachten nachzuweisen. Außerdem darf das Papier einen maximalen Weißegrad von 100 % (inklusive UV-Anteil) nach ISO 2470 sowie eine maximale CIE Weiße von 135 nach DIN ISO 11475 nicht überschreiten. Für den Umschlag des ausgeschriebenen Druckerzeugnisses soll holzfreies  Bilderdruckpapier verwendet werden. Das Papier muss dabei die FSC- bzw. PEFC-Kriterien erfüllen und mit dem EU-Ecolabel oder gleichwertig ausgezeichnet sein.

  1. Weitere Mindestanforderungen, welche der Bieter mit der Abgabe des Angebots bestätigt […]:

a) Die hergestellten Druckerzeugnisse müssen am Ende ihres Lebenszyklus recycelbar und deinkbar sein. Die Druckerzeugnisse gelten als nachweislich recycelbar, wenn sie nach Anwendung von INGEDE-Methoden die Richtwerte der „Deinkability Scorecard“ und bei Klebstoffapplikationen die „Removability Scorecard“ des European Paper Recycling Council (EPRC) einhalten.24

b) Um Rückstände beim Deinking-Prozess zu vermeiden, darf keine UV-Trocknung im Herstellungsprozess angewendet werden. Hierzu ist eine Eigenerklärung des Bieters erforderlich.

c) Verpackungen sind aus Gründen der Abfallvermeidung auf das Notwendigste zu beschränken. Dabei ist auf eine umweltfreundliche Verpackung (z.B. recycelbares oder biologisch abbaubares Verpackungsmaterial, Mehrwegverpackung) zu achten. Einweg-Plastikverpackungen (z. B. Banderolen) werden nicht akzeptiert. Die anfallenden Verpackungsmaterialien sind auf Wunsch der Auftraggeberin vom Bieter wieder mitzunehmen und wiederzuverwerten. Es gilt die Verpackungsverordnung in der jeweils gültigen Fassung.

d) Es besteht seitens des Bieters die Möglichkeit, die bei der Produktion und dem Transport anfallenden CO2-Emissionen durch gezielte Investitionen in Klimaschutzprojekte zu kompensieren.”

Eine gute Strukturierung der Vergabeunterlagen und insbesondere der Leistungsbeschreibung kann Bietenden den Zugang erleichtern. Ein beispielhaften Aufbau einer Leistungsbeschreibung könnte wie folgt aussehen:

BEISPIEL: AUFBAU EINER LEISTUNGSBESCHREIBUNG INKLUSIVE C2C-KRITERIEN

  1. Funktionale & technische Anforderungen
  2. Anforderungen an die Materialgesundheit
  3. Anforderungen an die Kreislauffähigkeit
  4. Anforderungen in Bezug zum Klimaschutz
  5. Anforderungen in Bezug zu Wasser und Böden
  6. Anforderungen an Soziale Verantwortung
  7. Sonstiges

 

Die “Cradle to Cradle Certified Restricted Substances List (RSL)” ist eine Auflistung umwelt- und gesundheitsschädlicher (Prozess-) Chemikalien, die ein Produkt nach der C2C-Produktzertifizierung nicht enthalten darf. Eine Erklärung zum Ausschluss dieser Substanzen im Leistungsgegenstand kann als Kriterium in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. 

Alternativ könnte  die RSL auch im Rahmen der Marktrecherche herangezogen werden, indem ermittelt wird, welche der Chemikalien in der zu beschaffenden Produktgruppe typischerweise eingesetzt werden. Auf dieser Basis können auch explizite Ausschlusskriterien für einzelne Chemikalien im Rahmen des Leistungsbeschreibung definiert werden.